Bei welchen Yachten weht eigentlich der TO-Stander unter der Saling – das haben wir uns gefragt und überlegt, dass es interessant sei, aufzuzeigen, welche Yachten unsere Mitglieder segeln und warum. Diesmal haben wir einmal am Stützpunkt München nachgefrat und Oliver Berghamer gebeten, von seiner Yacht zu erzählen, mit der er seit acht Jahren durch die Ostsee segelt.
Was hast Du für ein Schiff?
Blue Wave ist eine Oyster Heritage 37 Pilot House von 1988, konstruiert von Holman & Pye. Segelfläche am Wind 66 m². Ich bin seit 2013 der dritte Eigner. Der Voreigner hat das Schiff umfangreich überarbeiten lassen, unter anderem mit Bugspriet/zweiter Rollanlage, massiver Reling und Umbau des Hecks (von positiv auf negativ). Die L.ü.A. ist dadurch von 11,30 auf 13 Meter gewachsen (Breite 3,66 Meter, Tiefgang 1,80 Meter).
Warum dieses Schiff? Welche Besonderheit gab den Ausschlag?
Ich segelte seit 1992 mit Charterbooten überwiegend im Mittelmeer, dann wollte ich mit einem eigenen Boot an der Ostsee einsteigen. Ein Deckshaus war für mich in diesem Revier erste Priorität, was die Auswahl sehr einschränkte. Ich beschäftigte mich sehr, sehr lange mit der Recherche im Internet.
Wie und wann hast Du es gefunden?
Die Oyster gefiel mir schon auf den Bildern und an einem kalten Januartag war erste Besichtigung in der Halle mit einem Makler. Nach längeren Verhandlungen wollte mich der Verkäufer schließlich persönlich sprechen und es gab ausführliche Telefonate, in denen ich ein gutes Gefühl gewann. Ich habe das Boot nach reiflicher Überlegung dann im April ohne eine zweite Besichtigung, ohne Gutachter und ohne Probefahrt gekauft. Üblicherweise sollte man so nicht vorgehen, aber ich war mir sicher, dass ich mit dem Boot so falsch gar nicht liegen kann. Im Übrigen gab es für mich keine adäquaten und bezahlbaren Alternativen am Markt. Der Voreigner hat das Boot nur aus Altersgründen verkauft. Wir stehen noch immer in freundschaftlichem Kontakt und er war auch schon ein paar Wochen mit mir segeln.
Welche Ausrüstung für Langfahrt hast du an Bord ?
Die originale Navigation war für 1988 mit GPS und Radar high end aber mittlerweile natürlich total veraltet. Ein Plotter außen, ein Tablet am Innensteuerstand, AIS und ein neues G3-Radar sind mittlerweile neu an Bord. Eine Dieselheizung von Planar hat das alte Gerät ersetzt. In puncto Stromhaushalt bin ich mit einem festen Solarpanel und einem tragbaren Generator bisher auch ohne Windrad zurecht gekommen. Die nächste Anschaffung werden ein bis zwei fliegende Solar Panels für die Reling sein. Für längere Reisen, wären eine Aries und ein Schleppgenerator erste Wahl.
Bist Du mit dem Schiff zufrieden?
Es ist ein schnelles, sicheres Fahrtenschiff mit gemäßigtem Langkiel, das mit schwerem Wetter bestens zurecht kommt. Man kann es gut einhand segeln. Die Besegelung ist ideal, der Motor (Perkins 4.108, 51 PS) kräftig und bisher ohne Fehl und Tadel. Das Deckshaus mit Innensteuerstand bietet bei jedem Wetter Schutz und Komfort. Ich bin absolut überzeugt von dem Konzept und insbesondere den bootsbauerischen Qualitäten.
Gibt es etwas, was Dich stört?
Natürlich hat jedes Konzept auch mindestens ein paar kleine Nachteile. Für ein 37-Fuss-Schiff beziehungsweise jetzt 13 Meter, geht es innen schon eng her. Das Heck bietet zwar viel Stauraum, aber dieser ist zum Teil nur schwer erreichbar. Das war aber beim Kauf klar und damit kann ich leben.
Gab es ein Boot davor?
Nein, davor bin ich immer nur Charteryachten gesegelt.
Wo bist Du mit dem Boot gewesen und wo möchtest Du noch hin?
Wir fuhren in den letzten Jahren wunderbare Touren nach Stockholm, Oslo oder Helsinki, 2019 auch mal in die Nordsee und nach Hamburg. Meine langfristigen Ziele liegen in Westeuropa: Die Britischen Inseln, Holland, Frankreich und die Iberische Halbinsel. Die US-Ostküste oder die Azoren würden mich dazu auch noch reizen.
Wie groß ist Deine Crew?
Ich segle nach Möglichkeit gemeinsam mit meiner Frau. Ansonsten sind ein bis drei Freunde an Bord. Zwischendurch segle ich auch öfter mal alleine.
Welches war das schönste Erlebnis, welches das schlimmste?
Das Schönste ist, wenn das Boot auf Strecke gut getrimmt und ganz alleine am Wind segelt. Manchmal muss ich für Stunden nicht ins Ruder greifen und sie luvt von alleine an und fällt wieder ab. Ich weiß nicht, wie gut das andere Boote können, aber für mich sind das jedenfalls Momente, in denen du mit deinem Schiff eine innige Beziehung aufbaust.
Der größte Schreck war bisher ein Knockdown in einem Gewitter in Estland. Ohne auch nur einen einzigen Meter Segelfläche lagen wir in den ersten Böen bei über 70 Knoten fast flach. Wir wurden blass, als der Propeller hochkam und die Maschine hochdrehte. Blue Wave steckte aber die orkanartigen Böen ungerührt weg.
Interview: Kirsten Panzer