Als jüngste Crew ist die Haspa Hamburg im Januar beim RORC Transatlantic Race von Lanzarote nach Grenada gestartet und haben nach 3.471 gesegelten Meilen in der Gesamtwertung IRC Overall den 9. Platz belegt. In ihrer Klasse IRC One wurden sie sogar auf Rang 3 gewertet. Was sie unterwegs erlebt haben, schreibt die Crew in ihrem Reisebericht:
Das neue Jahr hat gerade begonnen, als die ersten Crewmitglieder nach Lanzarote aufbrechen. Am Flughafen wird der Flieger noch enteist, doch nur gut fünf Stunden später steigen wir bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen 22°C aus. Schnell geht es zum Hafen, um unser Schiff, die Haspa Hamburg, in Augenschein zu nehmen. Sie leuchtet in ihrem markanten Rot über den ganzen Hafen – nur eine feine Schicht Sahara-Staub legt sich wie ein Schleier über das Deck. Bald sind wir komplett und bereit für unser großes Abenteuer: die Teilnahme am RORC Transatlantic Race 2025.
Kaum angekommen, beginnen die letzten Vorbereitungen. Die To-do-Liste ist lang – zu lang, um sie sich zu merken, also kleben wir die einzelnen Aufgaben direkt an die Wand. Segel werden gelattet, die Frischwassertanks gespült, Check-ups der Elektrik, des Riggs, des Motors und sämtlicher Elektronik. Außerdem organisieren und packen wir unseren Proviant. Zwischendurch genießen wir das weihnachtlich geschmückte Arrecife und den lokalen Weihnachtsmarkt. Auch die eine oder andere Trainingseinheit auf dem Wasser bleibt nicht aus.
Unser Team ist besonders stolz: Wir sind nicht nur die jüngste Crew des Rennens, sondern stellen mit vier Frauen, darunter unsere Skipperin, auch den höchsten Frauenanteil aller teilnehmenden Schiffe – zwölf in der Kategorie IRC overall, Monohull.
Die Nervosität wächst, je näher der Start rückt. Am Abend vor dem Start gibt unser Navigator nochmal ein ausführliches Briefing zur Konkurrenz und zur bevorstehenden Wettersituation. Am nächsten Mittag ist es dann endlich so weit: Das RORC Transatlantic Race 2025 beginnt!
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Quelle: HVS
Die ersten Tage auf See
Die ersten Tage laufen hervorragend. Die Crew hat sich eingespielt, und eine Bordroutine entwickelt sich. Tagsüber scheint die Sonne, nachts leuchtet der Vollmond hell über dem Ozean. Nach ein paar Halsen steuern wir nun mit Kurs auf die Karibik. In der Navigationsecke werden eifrig Routenmodelle berechnet, während an Deck konzentriert gesegelt wird – manchmal so konzentriert, dass das Schlafen für die Freiwache durch den Grinder zur Herausforderung wird. Doch das gehört zum Regattasegeln dazu.
Zur Feier der gelungenen ersten Tage gibt es frisch gebackenes Brot mit Schokocreme, Käse und Jamón Serrano.
In den nächsten Nächten bekommen wir unverhofften Besuch: fliegende Fische! Tom steht ahnungslos am Ruder, Debbie hält die Großschot, als plötzlich ein Fisch heranfliegt, Debbie trifft, dann Tom – und schließlich neben dem Traveller liegen bleibt. Lars reagiert blitzschnell mit dem bereitliegenden Kehrblech und befördert den ungebetenen Gast zurück ins Meer – unter großem Gelächter der Crew. Doch die Fische haben offenbar Gefallen an Tom gefunden: Kurze Zeit später wird er erneut getroffen. Bald entsteht eine „Hit List”, wer am häufigsten von den fliegenden Kreaturen erwischt wird – Tom führt die Rangliste an. Auch der Rest der Crew blieb auf der Reise nicht von fliegenden Fischen verschont.
Neben den fliegenden Fischen hoffen wir etwas vergeblich auf weitere Begegnungen mit der Meeresfauna. Immerhin bekommen wir immer wieder Besuch von einigen Delfinen, die eine Zeitlang mit uns auf der Welle in Richtung Karibik surfen und neben unserem Schiff durchs Meer springen.
Das Rennen nimmt Fahrt auf
Nach ein paar Tagen auf dem Atlantik haben wir erstmals in Sichtweite einen Mitkonkurrenten, den Katamaran Dakota. Lorenz nutzt die Gelegenheit für einen kleinen Plausch über Funk. Kurze Zeit später erhalten wir ein Foto der Dakota-Crew beim Abendessen: Burger mit Spiegelei und Dosenbier. So luxuriös geht es bei uns nicht zu, aber immerhin gibt es regelmäßig frisches Brot mit Serrano-Schinken oder Schokocreme – wir können uns also nicht beschweren. Und natürlich versuchen wir aus unserem gefriergetrockneten Essen das Beste zu machen – Röstzwiebeln, Ketchup und Reibekäse sind sehr begehrt zum „pimpen“.
Lorenz‘ tägliche Navigatorenarbeit zahlt sich aus: Wir segeln konstant mit über 220 Seemeilen pro Tag und bleiben geschickt aus Flauten raus. Bei Böen von bis zu 25 Knoten erreichen wir Geschwindigkeiten von 18 bis 19 Knoten – und das alles in die richtige Richtung!
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Bild: Bergfest an Bord der Haspa Hamburg, Quelle: HVS
Das Bergfest feiern wir alle gemeinsam mit einer Dose Bier für jeden an Deck – die erste Hälfte der Überquerung ist geschafft!
Die zweite Hälfte des Rennens verspricht spannend zu werden, denn bald werden wir uns mit Squalls auseinandersetzen müssen, die besonders in den mondlosen Nächten schwer zu erkennen sind. Dafür ist der Sternenhimmel umso beeindruckender – ganz ohne „Lichtverschmutzung“.
Traumbedingungen und Begegnungen mit Walen
Die letzten Tage sind von perfektem Segelwetter geprägt. Zwar weicht der Wind nachts öfter als gewünscht von der Vorhersage ab, doch tagsüber segeln wir unter einem tiefblauen Himmel mit strahlender Sonne. Es wird zunehmend heißer – unter Deck fast unerträglich, an Deck aber noch angenehm. Regelmäßige Salzwasserduschen im Cockpit sorgen für Erfrischung.
Dann folgt ein absolutes Highlight: Plötzlich ertönt erneut der Ruf „Da bläst er!“ – und diesmal sehen wir sie wirklich. In guter Sichtweite, aber mit genügend Abstand, passieren wir eine Gruppe von drei bis vier Pottwalen. Ihre massiven grauen Köpfe ragen beeindruckend aus dem Wasser. Wenig später begleitet uns ein einzelner, schlanker Wal, der unser Boot neugierig umkreist. Ein atemberaubendes Erlebnis, das uns alle tief beeindruckt.
Zieleinlauf in Grenada
Nach 14 Tagen, 4 Stunden, 57 Minuten und 15 Sekunden ist es geschafft: Wir überqueren die Ziellinie vor Grenada! Die Freude an Bord ist riesig.
Wir belegen den 9. Platz in der Gesamtwertung IRC Overall und den 3. Platz in unserer Klasse IRC One – ein fantastisches Ergebnis für unser junges Team.
Gratulation geht an die LUCKY für die Line Honors und an die Tschüss 2 für den Gesamtsieg! Standesgemäß werden Skipperin und Navigator gebadet und der Rest der Crew springt gleich hinterher. Ein Traum – Badewannentemperatur.
Nach dem Zieleinlauf geht es mit Battleflags in den Hafen, wo uns die Crew des RORC und die Nachfolgecrew mit kühlem Bier erwartet. Quasi direkt im Anschluss beginnt das große Entsalzen: Segel, Schiff, Material – und natürlich auch wir selbst, alles wird von innen nach außen gekehrt und später wieder eingeräumt. Die regelmäßigen Regenschauer machen es nicht immer einfach, alles wirklich ganz trocken zu bekommen. Abends gibt es Burger für die Crew – welch ein Genuss, endlich wieder richtig kauen zu können.
Es bleibt auch noch Zeit, die Insel zu erkunden. Hier wächst alles, was bei uns als exotische Frucht oder Gewürz verkauft wird, einfach an der nächsten Regenrinne. Kakao, Papayas, Avocados, Mangos, Nelken, Muskatnüsse, Zitronengras, Zimtbäume, Kaffee usw. - welch eine fantastische Fülle!
Mit unzähligen Eindrücken endet unser Abenteuer. Für die meisten von uns geht es direkt zurück ins kalte Deutschland – im Gepäck viele Erinnerungen an eine unvergessliche Atlantiküberquerung.
Besonderer Dank geht an unsere Unterstützer an Land: allen voran allen Familien und Freunden, die mit uns mitgefiebert, uns Mails geschickt und sich mit uns gefreut haben. Dank an den RORC, den Trans-Ocean (TO), und natürlich den gesamten HVS, der solche Reisen für junge Leute mit diesen Schiffen überhaupt erst möglich macht.
Over and Out von der Transatlantic-Crew: Wibke (Skipperin), Lorenz (Navigator), Debbie, Tom, Niko, Lars, Tilli, Basti, Inken, Miriam, Johle und Julius.