Vor einem Jahr haben Elvira und Alfons Schoen ihre Murada, eine Moody 422 in Georgia, USA zurückgelassen und sind nach Deutschland geflogen. Da die USA noch immer keine Europäer einreisen lässt, haben die TO-Mitglieder, die sieben Jahre lang in der Karibik unterwegs waren, nun eine Alternative gefunden, um zu ihrer Yacht zurückzukehren.
Das fängt ja gut an. Der Corona Schnelltest von Alfons fällt positiv aus. Die Gesundheitskette in Cuxhaven greift. Alfons fährt umgehend zum PCR Test Es eilt! In 20 Stunden startet unser Flug über den Atlantik. Bange Stunden des Wartens zerren an den Nerven. Adrenalin pur. Dann das erleichternde Ergebnis. Alfons ist negativ. Auf diesen Stress hätten wir gerne verzichtet.
Mit der Entscheidung, unser Schiff nach Europa zu holen, haben wir lange gezögert, bis zuletzt auf eine Impfung gehofft. Wenn wir uns jetzt nicht auf den Weg machen, müssen wir ein weiteres Jahr warten, denn nur im Sommer ist eine Überquerung des Atlantiks auf dem eigenen Kiel möglich.
Im März letzten Jahres hatten wir unsere Murada in St. Mary's/Georgia/US-Ostküste an Land gestellt. Es folgte, trotz Corona, ein wunderbares Jahr zu Hause. Unsere Mieterin war passend ausgezogen und mit Elan und Freude nahmen wir unser Haus wieder komplett in Besitz. Mit der nötigen Vorsicht trafen wir unsere Kinder und engsten Freunde.
Aber jetzt wird es Zeit, sich um das Schiff in den USA zu kümmern. Ein Unterfangen mit Umwegen, da die USA die direkte Einreise von EU-Bürgern zurzeit nicht erlaubt. Wir dürfen uns 14 Tage vor unserer Einreise nicht im Schengenraum aufgehalten haben. Mit einer zweiwöchigen Reise nach Costa Rica und einem negativen Corona-Test bei ihrer Einreise in die USA haben Elke und Walter von der Segelyacht Sunrise auf diesem Weg ihr Schiff inzwischen erreicht. Ihrem Weg wollen wir folgen.
Im Frankfurter Flughafen staunen wir nicht schlecht. Es wimmelt von Menschen. Unser Transatlantikflug ist komplett ausgebucht. Gefühlt ganz Deutschland scheint dem angekündigten harten Lockdown noch eben entfliehen zu wollen. Von in Plastik gehüllten Asiaten bis zu Corona-Leugnern hat sich eine bunte Menschenmenge versammelt. Im Flieger hinter uns sitzen dann auch drei junge Franzosen, die sich laut unterhalten und trotz der Ermahnung der Crew ihre Masken immer wieder abnehmen. Dieses rücksichtslose Verhalten belastet unsere blank liegenden Nerven.
Nach einem über zwölfstündigen Flug erreichen wir San Jose/Costa Rica. Es folgen Fiebermessen im Vorbeilaufen, Passkontrolle mit Vorzeigen der nötigen Absicherung im Krankheitsfall, die Übernahme des Mietwagens und die Fahrt zum Hotel. Der Körper ist angekommen, der Kopf wird noch eine Weile brauchen.
Von Anfang an sind wir beeindruckt vom Umgang Costa Ricas mit der Corona Pandemie. Drei Maßnahmen begleiten uns für die nächsten zwei Wochen unseres Aufenthalts.
Erstens Maske tragen! Die Einheimischen, kurz Ticos genannt, tragen in der Öffentlichkeit Stoffmasken. Wie selbstverständlich tragen auch die Kinder Masken. Und sie tragen die Masken, sobald sie das Haus verlassen. Zweitens Fieber messen. Schon bei der Ankunft im Flughafen von San Jose wird im Vorbeilaufen Fieber gemessen. Im Hotel, im Museum, im Nationalpark, im Supermarkt, im Hafen, in öffentlichen Gebäuden ist das kurze Anhalten des elektronischen Messgeräts an Stirn oder Hals obligatorisch. Die dritte Vorsorgemaßnahme ist das Händewaschen. Überall, wirklich vor jedem Haus mit Publikumsverkehr, stehen mobile Handwaschbecken mit Seife, die über eine Fußpumpe bedient werden. Außerdem steht Desinfektionsmittel reichlich und an allen öffentlichen Orten zur Verfügung. Das Ganze wird durch freundliches Personal umgesetzt und überwacht.
Wir reisen im eigenen Mietwagen. Unterkünfte, Nationalparks, Restaurants und Cafés sind nur sehr mäßig besucht. Für uns ergibt sich die einzigartige Gelegenheit, die Nationalparks ohne Warteschlangen und ohne Menschenmassen zu erleben. In den Unterkünften sind wir oft die einzigen Gäste. Wir halten uns gerne an die Hygieneregeln und fühlen uns zusehends wohl.
Monteverde - Regenwald - Aufwachen mit dem kehligen Gebrüll der Brüllaffen, dem Quaken der Frösche und dem Singen der Vögel.
Costa Rica ist ein Naturparadies mit 27 Nationalparks, 71 Naturschutzgebieten, einer Atlantik- und einer Pazifikküste, zahlreichen Vulkanen, tropischen Trocken-, Regen- und Nebelwäldern und einer reichen Tierwelt. Wir sind begeistert von diesem kleinen Land. Es gilt als eines der fortschrittlichsten Länder Lateinamerikas. So wurde die Armee bereits 1948 zugunsten der Förderung von Bildungs- und Gesundheitsprogrammen abgeschafft. Das Land gewinnt knapp 100 Prozent seines Strombedarfs aus regenerativen Quellen und gehört zu einem der Länder mit der größten Biodiversität weltweit.
Nach einem Tag des Ankommens in Costa Ricas Hauptstadt San Jose haben wir uns eine bezaubernde Lodge mit eigenem Gärtchen gemietet. Vom Schaukelstuhl auf der Terrasse sitzend beobachten wir die exotischen Vögel. Der Vulkan Arenal bildet die perfekte Hintergrundkulisse. Er ist der aktivste und jüngste Vulkan Costa Ricas. Am Fuß desselben wandern wir durch den Regenwald. 400 Jahre alte Bäume wachsen hier buchstäblich in den Himmel. Behangen und bewachsen mit Moosen, Farnen, Bromelien und Orchideen bilden sie ein grünes Dach.
Vorbei am Ufer des Sees Arenal fahren wir weiter an die Pazifikküste. In Coco Beach lebt der TO-Stützpunktleiter Gunter, den Alfons über den Amateurfunk INTERMAR und den TO kennt. Er nimmt uns herzlich in seinem Haus auf. Sein Vorgarten ziert ein hoher Sendemast. Gunter leitet das Pazifik-Amateurfunknetz. Gemeinsam funken Alfons und Gunter am Morgen im Bereich des Atlantiknetzes. Am Abend drehen sich die Gespräche über persönliche Lebensgeschichten und das Leben als Deutscher in Costa Rica.
Unser nächster Stopp ist der Nebelwald Monteverde. Trotz der nur dreistündigen Autofahrt von der Pazifikküste in die Berge befinden wir uns in einer komplett anderen Landschaft mit anderem Klima. Dichte Nebelschwaden ziehen über die Berge. Der Balkon unseres Zimmers liegt direkt am Urwald. Bei Sonnenaufgang weckt uns das Gebrüll der Affen. Zum Frühstück kommt ein Nasenbär und eine Horde Kapuzineraffen vorbei. Wir wandern auf den Wegen der Nationalparks Santa Elena und Monteverde und lassen uns gefangen nehmen von dem überbordenden Grün und den Tieren des Urwaldes. Wir entdecken Tukane, diese farbenfrohen Vögel mit dem riesigen Schnabel; zu unseren Füßen queren die fleißigen Blattschneideameisen unseren Weg, Leguane huschen ins Gebüsch, winzige Frösche verstecken sich auf oder unter großen Blättern und unter Zuhilfenahme des Fernglases finden wir beim Blick in die Baumkronen Faultiere mit ihrem Nachwuchs.
Zum Abschluss unserer Rundreise gönnen wir uns noch einmal die Pazifikküste. Der kleine Nationalpark Manuel Antonio vereint mit Spaziergängen durch den Regenwald und traumhaften Stränden alle Urlaubswünsche. Wir stürzen uns in die anrollenden Wellen des Pazifiks und genießen die letzten Tage in Costa Rica mit Baden und Wandern.
Als dann unser PCR Test auch noch negativ ausfällt, sind wir erleichtert und glücklich. Wir hätten keine bessere Wahl treffen können. Das Pura Vida in Costa Rica wird unvergesslich in unser Erinnerung bleiben.
Dann ist es schließlich soweit - Der Zöllner in Fort Lauderdale drückt uns den Einreisestempel für die USA in den Pass. Nun trennen uns nur noch sechs Stunden Autofahrt von unserem Schiff. Der Flug von Costa Rica nach Amerika verlief unspektakulär. Wir hatten mit einem B1 Visum, dem negativen Corona-Test und einem 14tägigen Aufenthalt außerhalb des Schengenraums alle Bedingungen für die Einreise erfüllt.
Am Abend erreichen wir die Bootswerft in St. Marys. Endlich stehen wir vor unserem Schiff, einer Moody 422. Wir schieben die verdreckte Plane zur Seite, klettern hinein: Die Batterien sind in Ordnung (!), Licht, Kühlschrank funktionieren, keine Tierchen krabbeln uns entgegen. Dass das Schiff nach über einem Jahr auf dem Hart mit Dreck und Grünspan überzogen ist, kann uns nach sieben Jahren in der Karibik nicht mehr schocken. Nach einem kleinen Abendbrot und einem Ankommensschluck fallen wir müde, aber zufrieden in die Kojen.
In den kommenden Tagen geben wir tüchtig Gas. Wir putzen und räumen, tauschen die überholte Seewasserpumpe am Motor, testen den Motor, schmieren den Propeller ab, schleifen den Coppercoat Unterwasseranstrich leicht an, bauen Bimini und Sprayhood auf, füllen Wasser in die Tanks, besorgen Diesel, Benzin und Gas, kontrollieren die Borddurchlässe und müssen einen Borddurchlass erneuern, tauschen die Ankerbatterie gegen eine neue aus, verproviantieren uns für mehrere Wochen und vieles mehr. Allmählich lichtet sich das Chaos und alles findet wieder seinen Platz.
Abends sitzen wir mit Freunden zusammen. Bekleidet mit T-Shirt und kurzer Hose freuen wir uns an der angenehmen Temperatur. Wir sind zufrieden und glücklich, wieder bei unserem Schiff zu sein.
In den nächsten Tagen geht es für Murada endlich wieder ins Wasser. Dann werden die letzten Arbeiten erledigt und auf das passende Wetterfenster für die Überfahrt zu den Bermudas und dann über den Atlantik gewartet.
Ob wir schließlich auf den Azoren bleiben oder in unseren Heimathafen nach Cuxhaven weiter segeln, entscheiden wir dann.
Elvira und Alfons Schön, sy-murada.blogspot.com/