Anfang November verabschiedeten wir uns glücklich von der Werft Varadero auf Aruba, rundum zufrieden mit der dort geleisteten Arbeit. Sagten Werftchef Rishi, seinen engagierten Mitarbeitern und dem überaus liebenswürdigen Personal der Marina Danke und Adieu. Eine vermutlich fast einmalige Wetterlage bescherte uns ganz besondere Bedingungen auf dem Weg nach Curaçao. Wo man sonst dreimal gegenan muss, trafen wir auf Flaute und flaches Wasser. So blieb nur der Gegenstrom von bis zu zwei Knoten, der aus einer Strecke von 75 Seemeilen über Grund 100 durchs Wasser machte.
Eine Woche lang erkundeten wir die größte der drei ABC-Inseln, während Vairea geschützt in der riesigen Lagune von Spanish Waters vor Anker lag. Staunten über die sehr umständlichen und zeitintensiven Einreiseformalitäten oder bewunderten im Zentrum von Willemstad die vielen, kleinen und bunten Häuser. Ein Highlight waren für uns die Graffitis im Schorlooviertel und rund um die Havenstraat. Oder wir saßen zur rechten Zeit am Ufer des Flusses, um mitzuerleben, wie der Wärter die Brücke öffnet, wenn Boote ein- oder auslaufen wollen.
Dann als wir hörten, dass in Bonaire eine der begehrten Mooringbojen frei werden sollten, gingen wir wieder ankerauf und machten uns auf den Weg nach Klein Curaçao. Aus der Absicht, dort eine ruhige Nacht zu verbringen, wurde aber nichts. Denn einer dieser unberechenbaren Reversals brauste kurz nach 20 Uhr wie aus dem Nichts über das sandige Eiland, brachte unsere Vairea nahe ans Land und uns in arge Schwierigkeiten. Mit ganz viel Glück und hochkochendem Adrenalin schafften wir es, relativ unbeschadet loszukommen. Und so verbrachten wir die Nacht nicht gemütlich im Bett, sondern ließen uns stattdessen nach Bonaire treiben. Das klappte dafür perfekt. Wir erreichten den Hauptort Kralendjik mit dem ersten Tageslicht. 12 Stunden für 25 Seemeilen, eine neue Bestmarke an Bord.
Das ist jetzt fast zwei Monate her. Schon oder erst? Ich habe Schwierigkeiten mich festzulegen, irgendwie sowohl als auch. Auch weil sich hier so schnell ein warmes Willkommensgefühl eingestellt hat. Es fühlt sich fast an wie eine Bestimmung. So, als müsste man einfach hier sein und gut ist. Und das nun schon seit zwei Monaten, vor allem auch weil die Stimmung sowohl unter den Yachties also auch unter den Einwohnern so relaxt und freundlich ist. Ich kann mich nicht erinnern, hier jemals jemanden mit schlechter Laune getroffen zu haben. Aber es sind eben auch erst sieben Wochen, weil es hier richtig busy zugeht. Ich bin sogar so beschäftigt, dass ich mir die Termine aufschreiben muss! Und das in der Karibik!
Harald Juhnke sang damals „Barfuß oder Lackschuh“, ich trällere aktuell „Flossen oder Wanderschuh“. Wir tragen wahlweise schwer an Tauchflaschen oder am Rucksack. Bonaire und das vorgelagerte Klein-Bonaire bieten sagenhafte 104 Tauchplätze. Der größte Teil von ihnen ist ganz einfach mit dem Dinghy oder einem gemieteten Pick-Up zu erreichen. Und wem sogar das zu umständlich ist, der lässt sich direkt vom Boot aus in die herrliche Unterwasserwelt fallen. Wer als Tauchneuling vom völlig ungefährlichen Tauchvirus angefallen wird, findet in einer der unzähligen Basen eine gute Ausbildung. Pausen vom Tauchen oder Schnorcheln findet man in der Natur. Ganz im Norden der Insel liegt der Washington-Slaagbai Nationalpark. Wanderungen sollten man dort am Morgen starten, anschließend wird es definitiv zu heiß. Und woran merkt man, dass man zu viel gewandert ist? Daran, dass sich bei beiden Wanderschuhen gleichzeitig die Sohlen lösen. Leider hat mein Captain bis dato noch keine neuen Schuhe gefunden und wir hoffen, dass nicht auch seinen Turnschuhen das gleiche Schicksal droht, damit wir auch weiterhin wandern können.
Bis kurz nach Neujahr waren die Anzahl der Covid-19-Erkrankungen auf der Insel verschwindend klein und entsprechend wenige Restriktionen gab es. Das soziale Leben lebte und gedieh, natürlich immer mit der nötigen Vorsicht und den selbstverständlichen Vorgaben. Inzwischen musste die Inselregierung wegen einer gestiegenen Anzahl von Corona-Fällen mit einigen Verschärfungen etwas auf die Bremse treten. Alle hier hoffen, dass diese Maßnahmen ausreichen, um wieder geringere Zahlen zu erreichen und damit auch ein unbeschwertes Leben.
Martina Tschudin-Bauer (Text und Fotos), SY Vairea