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Reisebericht

Die 1000-Meilen-Qualifikation ist geschafft



Die 1000-Meilen-Qualifikation ist geschafft

21. Juli 2020
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„Jetzt bin ich eins mit meiner Vorpommern.“ Das ist das Fazit von Lennart Burke nach 8 Tagen und 1000 Seemeilen auf dem Atlantik: Feuertaufe und Bewährungsprobe als Auftakt zur Qualifikationsrunde für das Mini-Transat 2021. Kaum zurück, würde Lennart am liebsten gleich wieder los: „Es war echt geil, Adrenalin pur.“ Die von der Classe Mini vorgegebene Route führte durch die Biskaya, den Ärmelkanal und die Irische See.

Endlich wieder aufs Wasser. Das war natürlich das Größte für Lennart nach mehreren Wochen Zwangspause durch COVID-19. Allzu viel Zeit blieb der kleinen Trainingsgruppe rund um Lennart nicht für die Vorbereitungen zur 1000-Meilen-Qualifikation. Kurz nachdem er aus Deutschland wieder nach Frankreich zurückkehrte, wurden von der Classe Mini die Qualifikationsmöglichkeiten wieder freigegeben. Die Solo-Tour über 1000 Seemeilen ist eine der Voraussetzungen für die Teilnahme am Mini-Transat. Innerhalb kurzer Zeit hieß es Checklisten erstellen und abarbeiten, Routings vorbereiten und einkaufen … sowie auf das passende Wetterfenster warten. Das kündigte sich dann auch schon für das Wochenende vom 13./14. Juni an. Sonntagvormittag um 10 Uhr brach Lennart mit seiner Pogo 3 fast zeitgleich mit drei weiteren Minis zur Solo-Fahrt auf. Anders als erhofft und vorhergesagt, brachten die ersten anderthalb Tage erst einmal eine an den Nerven zerrende Flaute mit sich, die sich bis fast zu den Scilly-Inseln hinzog. „Bei den vorherrschenden Windverhältnissen von 3 bis maximal 8 Knoten Wind habe ich mich - zumindest gefühlt - im Kreis gedreht. Das war nicht so lustig“, erzählt er. Geduld war angesagt. Nicht jedermanns Stärke. Aber Lennart hat dazu seinen ganz eigenen Standpunkt. „Auf dem Wasser muss man sich den Gegebenheiten anpassen. Wind und Wetter können wir nicht beeinflussen. Also habe ich es hingenommen, wie es war. Es war einfach Teil meiner Reise. Ob ich letztendlich 6 oder 10 Tage brauche, spielte für mich keine große Rolle. Für genügend Proviant hatte ich gesorgt.“

Und das ist auch einer seiner Tipps für alle anderen: „Es ist unheimlich wichtig für Geist und Körper, genügend und gutes Essen dabei zu haben.“ Einer seiner Mitstreiter dagegen war in dieser Hinsicht nicht ganz so gut aufgestellt, ihm konnte Lennart kurzfristig aushelfen. Genau dieser Zusammenhalt - an Land und auf dem Wasser - macht die Mini-Szene aus.

Letztendlich brauchte Lennart von Lorient bis zur Untiefentonne und Wendemarke Conninbeg vor Irland fünf Tage. Die Rücktour schaffte er dagegen mit bis zu 14 Knoten in nur drei Tagen. Auch wenn es sich bei dieser Qualifikation nicht um ein Rennen handelte, so setzte Lennart jeweils die Segel, die er auch bei einer Regatta einsetzen würde: „Ich habe immer so viel Tuch getragen, wie möglich war, um möglichst viel Speed rauszuholen und den Regattabedingungen so nah wie möglich zu kommen.“

Mit der Einsamkeit auf dem Wasser hatte der 21-Jährige keine Probleme. Beim Segeln ist er in seinem Element. Etwas Abwechslung und Zeitvertreib brachte „Schiffe versenken“, was er in ruhigeren Minuten über Funk mit seinem Segelfreund Louis Mayaud spielte. Nur gut, dass es keine Treffer gab, sondern dass die genannten Koordinaten immer im Wasser lagen.

Geschlafen hat er in den acht Tagen nicht wirklich viel. Anfangs brauchte er Zeit, um in den kurzen Schlafrhythmus sprich Power-Napping zu finden. Dann kam er auf täglich insgesamt etwa drei Stunden Schlaf. Die fielen in den letzten 48 Stunden allerdings auch flach. Von seinem Router Sebastian Wache von Wetterwelt hatte er die Information erhalten, dass er besser ordentlich Speed geben solle, um vor der zu erwartenden Winddrehung dem Ziel so nahe wie möglich zu kommen. Das hieß für Lennart, dass er alle Kraftreserven mobilisieren musste, um nicht noch die letzten Meilen kreuzen zu müssen.

Der daraus resultierende Schlafmangel stellte sich letztendlich auch als größte Herausforderung dar. Denn dieser bescherte ihm einen kurzen Schreckensmoment - als er jemanden auf seinem Traveller sitzen „sah“. Vielleicht war das aber nur sein Schutzengel, der ihm mit einem gehörigen Adrenalinkick seine volle Aufmerksamkeit zurückbrachte und sicher wieder in den Hafen von Lorient führte.

Qualifikation geschafft - theoretisch. Formalitäten mussten noch erledigt, die schriftlichen Nachweise und Dokumente wie pre-start Wetteranalyse, original Logbuch (mit mindestens täglich acht Einträgen) sowie „Beweisfotos“ vom Runden der Wendemarken bei der Classe Mini eingereicht werden. Diese Hürde ist mittlerweile auch genommen. Die offizielle Anerkennung für die Qualifikation liegt bereits vor.

Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt Lennart allerdings nicht. Am 4. August startet die erste Qualifikationsregatta der Saison „Les Sables - Les Açores en Baie de Morlaix“. Der Kurs wird in diesem Jahr allerding nicht nach Horta führen, sondern vor der bretonischen in drei Etappen aufgeteilt: Die erste von 197 Seemeilen startet in Les Sables d’Olonne, führt nach Norden zur Belle-Île, die gerundet wird, bevor es über das der Küste vorgelagerte Plateau von Rochebonne wieder zurück zum Ausgangshafen geht. Am 10. August beginnt die zweite Etappe über 470 Seemeilen wieder in Les Sables d'Olonne über führt über Land's End, die westlichste Spitze Englands, bis hin nach Roscoff. Der letzte und sicherlich herausforderndste Teil des Rennens umfasst eine Strecke von 866 Seemeilen und führt von Roscoff über Bishop Rock am westlichen Ende der Scilly-Inseln (Großbritannien) und die Estaca de Bares vor Oviedo (Spanien) bis zurück nach Les Sables d'Olonne. Start für diese dritte Etappe ist am 19. August.
Bis Anfang August wird nun noch eifrig trainiert, die Vorpommern gewartet und auf Herz und Nieren gecheckt. Und wenn es dann am 4. August zum Start geht, kann Lennart Burke zum ersten Mal seinen neuen knallroten Spinnaker setzen und auch schon von Weitem auszumachen sein.
Wer „live“ dabei sein möchte, hat ab dem 4. August per Track die Möglichkeit dazu, 24 Stunden lang.
Text: Corinna Grutza / Lennart Burke Sailing; www.lennartburke-sailing.com


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  Kommentare

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Sein ganzes Standing in der Miniszene zeigt, wie richtig seine Wahl zum TO Minisegler im Jahr 2019 war. Weiter so Lennart.

Lennart Burke

By Quix on 22.07.2020 10:29:06

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