Moderne Kommunikationssysteme an Bord
Eine Renaissance des Amateurfunks
Internetbasierte, satellitengestützte Kommunikationssysteme sind in der Berufsschifffahrt und an Bord großer Yachten Standard. In der Sportschifffahrt, also dem klassischen Langfahrsegler, limitieren die Schiffsgröße, die fehlende Installationsmöglichkeit großer nachführbarer Antennensystem und natürlich auch der Preis den Einsatz dieser Möglichkeiten. Landgestützt/Wohnmobil sind solche Lösungen mit Doppel-LNB (up- downlink z.b. ASTRA) eine gängige Alternative. An Bord von Fahrtenseglern ist dagegen der VHF- und HF-Funk fest etabliert, wobei neben dem See- besonders der Amateurfunk eine wichtige Rolle spielt. Dem Amateurfunker stehen eine Vielzahl kleiner Allbandtransceiver (HF/VHF/UHF) zur Verfügung. Neben diesen „stand alone“ Geräten hält aber auch schon die SDR-Technologie in Kombination mit dem Bord-PC Einzug in die Geräteausstattung an Bord. Dies wird in Zukunft der technische Standard auch im Bordgebrauch sein. Im Bereich des Seefunkes sind mir solche Entwicklungen nicht bekannt. Es ist schon schwierig, überhaupt einen Marine-TRX GMDSS-fähig zu erhalten.
Die Domäne des Amateurfunks war immer schon die weltweite HF-Phonie, vornehmlich in der Vielfalt von Seefunknetzen (Z.B. INTERMAR). Revierinformationen, Wetterbriefing, technischer Support und medizinische Hilfe sind nur einige der vielfältigen Themen in diesen Netzen. Im Vordergrund steht jetzt allerdings der digitale Datentransfer für weltweiten Emailversand, Berichte, Blogs, Photos etc. Wetterberichte in Form von GribFiles und Wetterkarten, Positionsreport, auch weltweiter Empfang der Tagesschaunachrichten (Textmeldung von DL4HAO) und Adriawetter sind jederzeit abrufbar. Technisch ist all dies im HF-Bereich durch das Pactor und/oder Winmorverfahren realisierbar, wobei der PTC III (auch schon IV) Kontroller (teuer!) in aller Regel vorhanden ist. Das recht aufwändige Ton- und Modulationsverfahren rechtfertigt sicher den Preis, abgesehen von der ingenieurtechnischen Leistung (Patent). Die wesentlich kostengünstigere Lösung WINMOR (= geringere Datenrate) basiert auf einem simplen, preiswerten Soundcarteninterface, der Virtuelle TNC ist in die Software integriert.
Das ständig weiterentwickelte System WINLINK 2000 ist ein weltumspannendes Netzwerk aus Internetservern und einer Vielzahl von HF/Internet Gateways (Info: www.winlink.org, hier auch ein Einführungs-Video auf der Startseite), wohin sich der Segler auf weltweiter Fahrt einloggen kann. So ist eine asynchrone Kommunikation überall möglich. Die bisherige Standart-Software/Emailclient Airmail erlaubt einen eher bescheidenen Komfort und ist nicht leicht zu installieren/betreiben. Präferentiell von WINLINK-Seite ist hier die ebenfalls kostenlose Software „RMS Express“.
RMS Express, die komfortablere Software-Lösung an Bord, ist leicht und intuitiv zu installieren, eine erhebliche Hilfestellung bietet die Plattform „Youtube“ (RMS Express-Trainingsvideo 1-5). Email, Wetterinfo, Positionsreport erinnern an Airmail, die RMS Frequenzliste mit Propagationshinweisen ist via Internet dagegen leicht zu aktualisieren (Update via Telnet, update via Radio), wobei bei letzterem die Anfrage als email generiert wird. Das Update wird beim nächsten RMS-Kontakt mitübertragen.
Neben der asynchronen Kommunikation über die Vielzahl der weltweit verteiltem RMS via Pactor/WINMOR oder Robust Packet ist auch eine synchrone, direkte Datenverbindung (peer-to- peer) zu anderen AFu-Stationen unter Umgehung des Internet möglich.
Eine ganz wichtige Servicefunktion im RMS Express ist die Möglichkeit, eigene Formblätter (Templates) zu generieren. So werden bei geringstem Datenvolumen konfektionierte Meldungen ermöglicht: Medico-Befunde zur TMAS, Notmeldungen zur MRCC, Reparaturanforderungen bei Geräteherstellern etc. Diese Templates lassen sich vor Reisebeginn vorfertigen und abspeichern.
Das Winlink-System erlaubt dem Amateurfunker über die eigene Emailadresse (Call@Winlink.org) mit der kostenlosen intuitiven und sehr einfach zu handhabenden Software RMS Express die asynchrone Kommunikation via RMS zu den CMS und jedem Emailclient weltweit. Neben Emailverkehr stehen Wetterinformationen, Positionsreport Nachrichtenservice (Tagesschau) und Revierinfo zur Verfügung. Auch eine synchrone digitale Kommunikation zu weltweiten AFu-Stationen ist etabliert.
Zusammenfassend ist die wichtigste Kommunikationsform von Bord zu Bord/Land der digitale Datentransfer durch Teilnahme am Winlink-System oder direkt („peer-to-peer“). Diese bleibt allerdings nur Amateurfunkern vorbehalten. Dafür entschädigt der Systemkomfort die „Mühen“ der Amateurfunklizenz. Jede technische Unterstützung bietet INTERMAR der Amateur-Seefunkdienst e.V. über die Website (www.intermar-ev.de), und die Netcontrol im Seefunknetz (14.313 Khz, 0700 UTC/1630 UTC). Eine ideale Ausbildungsplattform bietet die „TO-Schule“ im Rahmen der frühjährlich stattfindenden Veranstaltung: „TO/INTERMAR-Seminar: Kommunikation auf Yachten“; im März 2016 ist es wieder soweit!
Dr. Rüttger Clasen DL8MEZ
DL8MEZ@Winlink.org
c/o INTERMAR Amateur-Seefunk e.V.